17. Nov 2015

Rechtsstreit um "Kohl-Protokolle": Helmut Kohl will mindestens fünf Millionen Euro Schadensersatz

Beitrag von Ann-Katrin Müller auf spiegel.de

Nach dem juristischen Sieg gegen seinen Ghostwriter Heribert Schwan will Altkanzler Helmut Kohl nun auch Schadensersatz einklagen. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE fordert er mindestens fünf Millionen Euro von Autoren und Verlag.

Der Streit um die Zitate in den "Kohl-Protokollen" der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens geht in eine neue Runde. Nachdem der Altkanzler im Mai vor dem Oberlandesgericht Köln gesiegt hat und die weitere Verbreitung des Buches verboten wurde, will Helmut Kohl die Klage erweitern. Nun geht es ihm um Schadensersatz.

Kohls Anwälte fordern in der SPIEGEL ONLINE vorliegenden Klageerweiterung mindestens "fünf Millionen Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit". Das wäre neuer Rekord. Die höchste Summe, die ein deutsches Gericht in einem ähnlichen Fall zugesprochen hat, sind die 625.000 Euro für Jörg Kachelmann.

In ihrer Klage beziehen sich die Anwälte auf den "entstandenen immateriellen Schaden" durch über hundert Passagen des Buches "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle", in denen der Altkanzler hart mit anderen Politikern und Persönlichkeiten ins Gericht geht. Diese hätten nicht nur "partei- und regierungsschädigende Auswirkungen", sondern hätten auch das politische Lebenswerk Kohls sowie seine Freundschaft zu langjährigen Weggefährten beschädigt.

Random House sieht der Klage gelassen entgegen

Rainer Dresen, Justitiar der Verlagsgruppe Random House, die gemeinsam mit den beiden Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens verklagt wurde, hält die geforderte Summe für "nicht seriös", sondern vor allem vom Wunsch nach Schlagzeilen getrieben. Überrascht sei er dennoch nicht gewesen, schließlich habe Kohls Anwalt schon im Mai im Gerichtssaal angekündigt, dass es eine Millionenklage geben soll. "Jetzt musste er liefern", sagt Dresen.

Er gehe von einem langen Prozess aus, so Dresen zu SPIEGEL ONLINE, da nun endlich und zum ersten Mal jede einzelne Passage darauf überprüft werden müsse, ob sie die Persönlichkeitsrechte von Helmut Kohl "besonders schwerwiegend" verletze. Dies sei bislang nicht geklärt, das Oberlandesgericht habe sich "nur mit den vertraglichen Konstellationen Kohl/Schwan befasst und nicht inhaltlich mit den Buch-Zitaten".

Random House sehe der Klage gelassen entgegen, so Dresen. Nicht nur wegen des überragenden Rechtsguts der Presse- und Meinungsfreiheit, sondern auch wegen der Begründung der Klage. Darin werde beispielsweise angegeben, dass das Verhältnis zu Michail Gorbatschow durch die Veröffentlichung gelitten habe. "Das mag sein, dürfte das Gericht aber nicht interessieren", sagt Dresen, schließlich sei bei den Zitaten, die in den vorherigen Klageverfahren eine Rolle spielten, keins zu Herrn Gorbatschow dabei. "Erlaubte Zitate als Basis für Geldentschädigung in Millionenhöhe? Das ist mir jedenfalls neu."

Allein die Klageerweiterung kostet Kohl über 50.000 Euro an Gerichtskosten, da der Streitwert sich nun von 400.000 Euro auf mehr als fünf Millionen Euro erhöht hat.