29. Nov 2021

Millionenklage von Helmut Kohls Witwe gegen Heribert Schwan und Heyne Verlag abgewiesen

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Mit seiner heutigen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) die Klage von Maike Kohl-Richter, der Witwe des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, gegen den Autor Heribert Schwan und dessen Verlag über eine Geldentschädigung in Höhe von „mindestens 5 Millionen Euro“ rechtskräftig abgewiesen. Entgegen der Vorinstanz hält der Bundesgerichtshof auch die Veröffentlichung von wahren Zitaten aus den Gesprächen zwischen Schwan und Kohl durch den zur Penguin Random House Verlagsgruppe gehörenden Heyne Verlag inzwischen für rechtmäßig.   

Das Urteil bestätigt damit auch für den vorliegenden Fall seine bisherige Rechtsprechung, wonach Geldentschädigungsansprüche nicht vererbbar sind.  

Darüber hinaus hat der BGH der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Köln ausdrücklich widersprochen und räumt der Klägerin Maike Kohl-Richter gegen den überwiegenden Teil der wörtlichen Zitate des Alt-Kanzlers im Buch „Das Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ keinen Unterlassungsanspruch ein.  

Für die Penguin Random House Verlagsgruppe is die Entscheidung des BGH ist „ein wichtiges Signal für die Pressefreiheit und wird über den konkreten Fall hinaus auch für zukünftige Fälle von Bedeutung sein. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass die zutreffende Wiedergabe von Äußerungen eines verstorbenen Politikers dessen postmortales Persönlichkeitsrecht selbst dann unberührt lässt, wenn diese nicht öffentlich erfolgt sind. Insbesondere können derartige Aussagen nicht verboten werden, nur weil sie Derbheiten oder offene Worte enthalten, die der Eigendarstellung des Politikers nicht entsprechen bzw. dem Bild, das seine Erben nach seinem Tod von ihm in der Öffentlichkeit präsentieren möchten. Die Vorinstanz hatte hier noch der Klägerin folgend eine Konstruktion entwickelt, nach der die angefertigten Tonbandaufnahmen der Gespräche zwischen Kohl und Schwan als so genannte „Bildnisgleiche Verdinglichung“ zu betrachten seien und deshalb einen weitergehenden Schutz vor einer Veröffentlichung genießen sollten.  

Dem wollte sich der BGH nicht anschließen. Allenfalls aus dem Zusammenhang gerissene oder sonst unzutreffend wiedergegebene Zitate, die das Lebensbild Kohls grob verzerrten, könnten für eine Veröffentlichung gesperrt werden. So gibt der BGH dem Oberlandesgericht Köln in Form einer „Prüfungsanweisung“ auf den Weg, einige wenige Zitate und deren Auswirkung auf Kohls Lebensbild unter diesen Aspekten nochmals näher zu untersuchen.  

Der weit überwiegende Teil der bislang untersagten, aber nach Ansicht des BGH korrekten Zitate ist davon aber nicht betroffen und darf wieder rechtmäßig veröffentlicht werden. Der Heyne Verlag wird nach Vorliegen der Urteilsgründe sorgfältig prüfen, ob er das Buch der Öffentlichkeit in einer annähernd ursprünglichen Fassung wieder zugänglich machen wird, zumal vieles dafürspricht, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs als eindeutiges Bekenntnis zur Pressefreiheit auch zu Lebzeiten Helmut Kohls so ausgefallen wäre.  

Für den Autor Heribert Schwan besteht diese Möglichkeit nicht in diesem Maße, jedoch aus Sicht des Heyne Verlags zu Unrecht. Denn entgegen allen ausdrücklichen Formulierungen in den ursprünglichen Verlagsverträgen zu Helmut Kohls Autobiographie gehen die Gerichte von einer fortwirkenden stillschweigend geschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung aus.  

Die Penguin Random House Verlagsgruppe sieht sich durch das Urteil des BGH in ihrer Haltung bestätigt, wonach die durch das Grundgesetz gewährleistete Presse- und Meinungsfreiheit die in Rede stehende Publikation rechtfertigt. „

Die Verfahrenskosten hat in der Entschädigungssache die Klägerin vollständig zu tragen. In der Unterlassungssache wird sie sie weit überwiegend zu tragen haben. Dazu gehören neben den Gerichtskosten die Kosten der eigenen Anwälte sowie die Anwaltskosten der Beklagten.  

Mit Blick auf die Ankündigung des Anwalts von Maike Kohl-Richter, gegen ein abweisendes Urteil sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, ist der Verlag zuversichtlich, dass diese Gerichte die Grundrechtsabwägung des Bundesgerichtshofs und damit letztlich die überragende Bedeutung der Pressefreiheit bestätigen werden.