03. Sep 2020

Presseerklärung | Bundesgerichtshof entscheidet über Auskunftsbegehren der Kohl-Erbin hinsichtlich Vervielfältigungen der „Kohl-Tonbänder“ und weiterer Unterlagen.

Osborne Clarke Rechtsanwälte Steuerberater mbB
Dr. Martin Soppe – Rechtsanwalt / Partner

In dem Verfahren über die Auskunftsklage der Erbin des früheren Bundeskanzlers und vormaligen Klägers Dr. Helmut Kohl gegen den Journalisten Dr. Heribert Schwan über Anzahl und Verbleib der Vervielfältigungen von Tonbandaufzeichnungen und sonstigen Unterlagen hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) heute entschieden, dass der Klägerin Auskunft über die Existenz und den Verbleib der Vervielfältigungen von Tonbandaufzeichnungen zu erteilen ist, der Auskunftsanspruch hinsichtlich weiterer Unterlagen indes verjährt ist (Az. III ZR 136/18). Im Ergebnis hat der BGH dabei das von der Klägerin erstrittene Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG) aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt.

Rechtsanwalt Dr. Martin Soppe, der Heribert Schwan in diesem Verfahren vertritt, sagt zu dem heute verkündeten Urteil, dessen schriftliche Begründung noch nicht vorliegt:

„Wir begrüßen, dass Herr Dr. Schwan zur Auskunft über den Verbleib sämtlicher von ihm im Umfeld der Gespräche recherchierter Unterlagen weiterhin nicht verpflichtet ist. Nicht nachvollziehbar ist für uns allerdings die in der Pressemitteilung des Gerichtshofs enthaltene Annahme, dass Herr Dr. Schwan „aufgrund eines zwischen ihm und dem Erblasser bestehenden Rechtsverhältnisses“ verpflichtet gewesen sein soll, Auskunft über den Verbleib von Vervielfältigungen der Tonbänder zu geben, auf denen er die mit dem Erblasser geführten Gespräche aufgezeichnet hat. Für unseren Mandanten ist nach wie vor nicht verständlich, woraus ein derartiges Rechtsverhältnis herrühren soll, weil es in dieser Hinsicht keinerlei Absprachen mit dem Erblasser gegeben hat. Und in der Tat gilt, dass derjenige, der behauptet, vertragliche Vereinbarungen getroffen zu haben, deren Abschluss und auch ihren Inhalt beweisen muss; daran fehlt es nach unserer Auffassung im vorliegenden Verfahren nach wie vor: Herr Dr. Schwan hat keinerlei Auftrag von Herrn Dr. Kohl erhalten. Im Hinblick auf die in der Pressemitteilung enthaltene Bewertung einer Korrespondenz zwischen den Parteien aus dem März 2010 weist Herr Dr. Schwan die dazu vorgenommene gerichtliche Bewertung entschieden zurück und betont, dass er keine Gelegenheit gehabt hat, selbst zu dieser Auslegung gehört zu werden, die erstmalig von der Revisionsinstanz vorgenommen worden ist. Wir werden nach alledem die schriftliche Urteilsbegründung sorgfältig zu analysieren haben, sobald sie uns vorliegt. Aufgrund der Relevanz für die Meinungs- und Pressefreiheit können wir derzeit auch eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts oder des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht ausschließen.“

Nach wie vor beim Bundesgerichtshof (VI. Zivilsenat) anhängig sind zwei weitere Verfahren, in denen es um die vom Oberlandesgericht Köln bereits zurückgewiesene Millionenforderung der Kohl-Erbin nach Geldentschädigung sowie um ihre Forderung nach Unterlassung bestimmter Textpassagen aus dem Buch „Vermächtnis“ geht.